Alpine Architektur der Superlative
Schindler installiert und betreibt seine Anlagen auch unter Extrembedingungen. Besonders eindrücklich ist das derzeit auf dem Titlis-Gletscher zu beobachten, wo ein weltweit einzigartiges Bauwerk entsteht. Acht Aufzüge und sieben Fahrtreppen garantieren künftig reibungslose Mobilität auf mehr als 3000 Metern über dem Meer.
Auf über 3000 Metern über dem Meer entsteht am Titlis ein Bauwerk der Superlative: Der neue Titlis Tower und die Bergstation Peak Station schreiben ein neues Kapitel alpiner Architektur. Mitten im Geschehen: Schindler. Das Unternehmen liefert die Aufzüge und Fahrtreppen für eines der spektakulärsten Projekte Europas.
Kurz vor halb acht Uhr morgens herrscht an der Talstation in Engelberg geschäftiges Treiben. Zwischen Handwerkern, Bergbahn- und Gastromitarbeitenden steht Jonas Wyrsch, Grossprojektleiter bei Schindler Schweiz. Gemeinsam steigen wir in die Personalbahn, die uns an diesem Herbstmorgen durch den Nebel ins Sonnenlicht fährt. Auf dem Gipfel, bei frostigen Temperaturen, beginnt ein weiterer Arbeitstag auf einer der höchstgelegenen Baustellen Europas.
Hier oben, auf 3020 Metern, erhält der bestehende Richtstrahlturm ein neues Leben: Im Mai 2026 soll der Titlis Tower als neues touristisches Highlight eröffnet werden. Dafür wird das Bauwerk derzeit umfassend umgebaut und um mehrere Ebenen erweitert. «Teil eines solchen Jahrhundertprojekts zu sein, ist ein tolles Gefühl», sagt Jonas Wyrsch, während er durch den Rohbau führt. Zwischen Eis, Stahl und Fels montieren die Teams von Schindler im Tower sowie in der gegenüberliegenden Bergstation Aufzüge und Fahrtreppen, die später Tausende Besucherinnen und Besucher sicher auf die verschiedenen Ebenen des Turms und der neuen Bergstation bringen sollen.
Logistik unter Extrembedingungen
Bis das so weit ist, verlangt die Arbeit auf dem Titlis höchste Präzision und eine ausgeklügelte Logistik. «Etwa 95 Prozent der Transporte laufen über die Seilbahn Titlis Connect, die aktuell als reine Transportbahn dient. Der Rest wird mit dem Helikopter hochgeflogen», erklärt der 43-jährige Nidwaldner. Und weil der Platz auf dem Gipfel äusserst begrenzt ist, lässt sich nur wenig Material direkt auf der Baustelle lagern. «Die Anlieferung und das Einbringen jedes Teils, das hier oben gebraucht wird, muss minutiös geplant werden.»
Im Titlis Tower sowie in der neuen Bergstation werden insgesamt acht Aufzüge und sieben Fahrtreppen installiert. Die Anlagen sind speziell auf die extremen Bedingungen in dieser Höhe ausgelegt: eisige Temperaturen, hohe Luftfeuchtigkeit, enge Platzverhältnisse. «Die Aufzüge sind unsere Visitenkarte», sagt Wyrsch. «Sie müssen nicht nur perfekt funktionieren, sondern auch zur architektonischen Vision von Herzog & de Meuron passen.» Einige der Kabinen erhalten grosse Media-Screens, die das touristische Erlebnis zusätzlich aufwerten sollen. Andere dienen dem Personal oder dem Materialtransport – wie der neue Küchenlift, der Speisen von der Küche in die Bar und das Restaurant befördert.
«Man kann den Tower fast wie ein Hochhaus betrachten, mit einem durchdachten Erschliessungssystem auf engem Raum», so der Grossprojektleiter. Im Einsatz ist auch das Schindler PORT-System – eine intelligente Zielrufsteuerung, die die Personenströme im Tower effizient organisiert. Gäste werden damit schnell und ohne Umwege zu ihrer gewünschten Ebene geleitet. Gerade in Spitzenzeiten, wenn Hunderte Besucherinnen und Besucher gleichzeitig unterwegs sind, sorgt das System für einen reibungslosen Ablauf.
Keine Frage: Was derzeit auf dem Titlis entsteht, ist ein technisches Meisterwerk. Die QBasler Architekten Herzog & de Meuron beschreiben den Turm als «ikonische, kreuzförmige Figur», die sich aus der bestehenden Stahlstruktur entwickelt. Im oberen der beiden gläsernen Querbalken werden künftig eine Bar und ein Restaurant mit insgesamt 120 Sitzplätzen Platz finden. «Der heutige Richtstrahlturm wird damit zu einem weithin sichtbaren Zeichen transformiert», heisst es im Architekturkonzept.
Auch die neue Bergstation, die 2029 eröffnet werden soll, fügt sich in dieses Bild: Wie ein flacher Kristall schiebt sie sich aus dem Berg und verbindet die Seilbahn mit den Panoramaebenen. Rund 150 Millionen Franken investieren die Titlis Bergbahnen in das Gesamtprojekt. Dabei spielt auch Nachhaltigkeit eine tragende Rolle: Durch die Nutzung vorhandener Abwärme zur Gebäudeheizung soll der jährliche CO₂-Ausstoss von rund 280 auf nur noch 5 Tonnen sinken.
Teamarbeit auf dem Gipfel
Für den Erfolg des Projekts ist die enge Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Architektenteam, Baumeister, Logistik, Technikpartnern sowie intern bei Schindler entscheidend. «Ein Projekt in dieser Höhe funktioniert nur, wenn alle Zahnräder ineinandergreifen», betont Jonas Wyrsch. Täglich sind zwei Schindler-Monteure im Einsatz, ergänzt durch Fahrtreppenteams, die in Etappen anreisen.
Einer der Aufzugsmonteure ist Peter Arnold aus Erstfeld: «Am Morgen spürt man die Höhe schon, die Arbeit geht etwas langsamer. Aber bei diesem Projekt dabei zu sein, ist total motivierend», sagt der 35-Jährige, der auch im Tal häufig bei der Montage von Spezialanlagen zum Einsatz kommt. Auch Norbert Patt, CEO der Titlis Bergbahnen, zeigt sich beeindruckt: «Ein hochkomplexes Projekt wie dieses lässt sich nur umsetzen, wenn man die besten Partner und die besten Mitarbeitenden vor Ort hat. Schindler ist seit Jahrzehnten unser Hauslieferant; es war sonnenklar, dass wir dieses Projekt gemeinsam realisieren.»
Der höchst gelegene Aufzug steht im Wallis
Das Engagement von Schindler auf dem Titlis steht in einer Reihe mit anderen anspruchsvollen Projekten in Hochgebirgslagen – etwa in Zermatt, wo das Unternehmen 2023 vier Fahrtreppen auf 3500 Metern installierte und auf dem Klein Matterhorn (3883 Meter ü. d. M. ) den höchst gelegenen Aufzug Europas betreibt. «Die Erfahrung aus solchen Projekten hilft natürlich», sagt Jonas Wyrsch. Auch wenn der Zeitplan eng getaktet sei, habe die Sicherheit stets oberste Priorität. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Tourismusbetrieb auf dem Berg parallel zu den Bauarbeiten weiter-läuft.
Die Arbeit auf dem Gipfel ist für Jonas Wyrsch auch persönlich etwas Besonderes. Aufgewachsen in Buochs NW, war er schon als Kind oft in Engelberg unterwegs. «Dass ich nun auf meinem Heimatberg ein so bedeutendes Projekt begleiten darf, ist für mich ein Glücksfall», sagt er, während draussen die Sonne den Turm in goldenes Licht taucht.