Beim DFAB House in Dübendorf handelt es sich um das erste bewohnte Bauwerk der Welt, das sowohl digital geplant als auch digital gebaut wurde – mithilfe von Robotern und 3-D-Druckern.
Das dreigeschossige DFAB House thront auf der obersten Plattform des 2016 eröffneten NEST, dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude der beiden Schweizer Forschungsinstitute Empa und Eawag. DFAB steht für Digitale Fabrikation, NEST für «Next Evolution in Sustainable Building Technologies» oder den nächsten Entwicklungsschritt von nachhaltigen Gebäudetechnologien. Das Ziel ist, die Lücke zwischen Forschungslabor und Markt zu überbrücken und nachhaltigen Lösungen im Bauwesen zu helfen, schneller Fuss zu fassen. Beim DFAB House haben Forschende der ETH Zürich und Industriepartner mehrere neuartige, digitale Technologien vom Labor in reale Anwendungen überführt. Das Konzept für dieses Bauwerk ist aus dem Nationalen Forschungsschwerpunkt «Digitale Fabrikation» entstanden.
Als Erstes zieht die Betondecke über der untersten DFAB-Etage die Blicke auf sich: Die komplexen, in drei Dimensionen gekurvten Zierstrukturen wären über eine konventionelle Schalung schlichtweg unrealisierbar. Diese Deckenelemente sind mit ultrahochfestem, faserverstärktem Beton ausgegossene Positive, deren Negativformen aus einem grossformatigen 3-D-Sanddrucker stammen. «Smart Slab» nennt sich diese neuartige Methode. Mit der Verwendung von 3-D-gedruckter Schalung kann sehr viel Material eingespart bzw. wiederverwendet werden. Auch lässt sich die Plastizität des Betons in vollem Umfang nutzen und die Bedürfnisse von Gebäudetechnik, Beleuchtung und Akustik sind in diesen bis ins letzte Detail durchoptimierten Elementen bereits integriert, bevor der Beton eingebracht wird.
Der nächste Blickfang ist die raumdefinierende Betonwand in der Gebäudemitte, welche die gesamte Last der «Smart Slab»-Decke trägt. Geschaffen hat sie der In situ Fabricator, ein mobiler Roboter, der für die Vor-Ort-Fertigung von Bauelementen ausgelegt ist. Er verfügt über ein integriertes Navigations- und Sensorsystem und kann sich autonom positionieren und bewegen. Die durch diesen robotischen Prozess entstehende Gitterform («Mesh Mould») ist sehr engmaschig und übernimmt damit gleichzeitig die Funktion der Betonschalung. Dieser letzte Arbeitsgang war übrigens nicht das Werk des Roboters, sondern von Menschen. Mit dem Mesh-Mould-Verfahren können komplexe und statisch effiziente Geometrien ohne Extrakosten produziert und Bauabfälle eliminiert werden.
YouTube Video: NEST Dübendorf: das weltweit erste digital gebaute Haus (next floor 2/2021)
Die auf die Fensterflächen des untersten DFAB-House-Geschosses wirkenden Windkräfte werden über individuell dimensionierte Betonprofile abgefangen. Diese Vertikalelemente sind in der Empa-Werkhalle in einem robotischen Gleitbauverfahren entstanden, das sich «Smart Dynamic Casting» nennt und variable Querschnitte ohne jeglichen Schalungsabfall erlaubt. Dabei wird eine ca. 40 Zentimeter lange Schalungsform fortlaufend mit Beton befüllt und vom Roboterarm in die Höhe gezogen, während im Schalungsinneren eine fein justierbare Platte als intelligenter Schieber die korrekte Dimensionierung des Betonprofils sicherstellt. Beim Austritt aus dem Schalungselement ist der Beton dank spezifischen Zusätzen nur soweit abgebunden, dass er sich selbst und das Gewicht des darüber liegenden Betons trägt.
Die obersten zwei Geschosse des DFAB House bestehen aus hochintegrierten Holzbauelementen, die zum Teil in freien Winkeln zueinander stehen. Roboter haben diese im CAD geplante und direkt auf CNC-Maschinen ausgegebene Holzständerkonstruktion zusammengebaut. Diese räumlichen Holzbaugruppen zeichnen sich durch eine hohe Steifigkeit in alle Richtungen aus. Die Forschenden entwickelten lichtdurchlässige Hightech-Module, bei denen zwischen einer inneren und einer äusseren Membran Aerogel-Granulat für eine ausgezeichnete Wärmedämmung sorgt. Diese Module setzten sie in den Holzrahmen ein. Und zwar von Hand – weil die in alle Richtungen sehr hohe Flexibilität des Membransystems jeden Roboter ans Ende seines Lateins gebracht hätte.