Barrierefreiheit beginnt im Kopf Wie drei Betroffene Hindernisse aus dem Weg räumen
Eigentlich wissen sie sich ganz gut selber zu helfen: Doch Menschen mit einer Beeinträchtigung stossen im Alltag immer wieder an ihre Grenzen. Was hilft? Gegenseitiges Verständnis, meinen Betroffene.
Daniela Moser: glücklich mit wenig Sehvermögen
Seit ihrer Geburt ist die Bernerin praktisch blind, doch sie lässt sich im Alltag deswegen kaum behindern. Bauliche Massnahmen helfen ihr. Noch wichtiger sei aber die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, sagt sie. Deshalb arbeitet sie als Lobbyistin für die Anliegen der Sehbehinderten. Daniela Moser ist ein positiver Mensch. Dass sie mit einer Erbkrankheit geboren wurde, die sie praktisch blind machte, sei für ihre Eltern schlimmer gewesen als für sie. Sie hat schnell gelernt, sich durchzusetzen und sich hohe Ziele zu stecken. «Ich habe ein gutes Umfeld, einen spannenden Beruf und viele gute Wegbegleiter», sagt sie. «Ich bin zufrieden mit meiner Welt.»
Marcel Hug: Überflieger mit Bodenhaftung
«Swiss Silver Bullet» wird Marcel Hug in Sportkreisen augenzwinkernd genannt. Mit gutem Grund: Keiner ist schneller als der Rollstuhlrennfahrer aus Pfyn. Mehr geht nicht: 2021 gewinnt Marcel Hug an den Paralympics in Tokio viermal Gold – eine Medaille in jeder Disziplin, in der er startet. Wir fragen: Fühlt man sich überhaupt noch behindert, wenn man schlichtweg alles erreicht hat, was man in seiner Disziplin erreichen kann? Im Alltag wird auch ein Spitzensportler wie er immer wieder mit Hindernissen konfrontiert. Mehr Mühe bereitet ihm aber die Tatsache, dass der Behindertensport nach wie vor weniger ernstgenommen wird und Leistungen nicht gleich bewertet werden.
Anny Koch: kein Grund zum Jammern
Die schwierigste Zeit in ihrem Leben hat die 89-jährige Anny Koch derweil in ihrer Jugend erlebt. So sind die Barrieren, denen sie nun im Alter begegnet, für sie kaum ein Thema. Sie sagt: «Man muss das Alter annehmen.» Dass sie schon früh gelernt hat, das Beste aus einer Situation zu machen, kommt ihr heute wohl zugute. So macht es ihr keine Mühe, dass sie zunehmend auf Hilfe angewiesen ist. Seit einiger Zeit benutzt sie für den Gang ins Dorf einen Rollator. Hilfe anzunehmen, sagt sie, sei doch eigentlich ganz einfach. Schwieriger sei eher, Hilfe zu erhalten.