Fahrtreppenfahren ist kein Kinderspiel – ein Sensor steigert die Sicherheit

Für die allermeisten Erwachsenen sind Rolltreppen eine Selbstverständlichkeit. Wir nutzen sie intuitiv, wenn wir den Zug nehmen, einkaufen gehen oder vor dem Abflug in die Ferien am Flughafen zum Gate hetzen. Ganz anders kleine Kinder: Sie sehen in Fahrtreppen nicht in erster Linie das alltägliche und bequeme Transportmittel. Für sie bergen Fahrtreppen ein Gefahrenpotenzial. Die regelmässigen Bewegungen der fahrenden Stufen ziehen Kinder schon fast magisch zum Spielen an. Wer mit kleinen Kindern unterwegs ist, muss sie auf der Rolltreppe besonders gut im Auge behalten. Sie können stolpern und stürzen oder mit ihren kleinen, neugierigen Fingern in einen Spalt geraten.

Fahrtreppen sind grundsätzlich ein sicheres Beförderungsmittel, jedoch verhalten sich Nutzerinnen und Nutzer nicht immer umsichtig. Um die Sicherheit an Fahrtreppen zu erhöhen, hat sich Schindler mit der Firma Siemens zusammengetan. «Unser Ziel ist es, ein System zu entwickeln, das Kleinkinder auf unseren Fahrtreppen besser schützt», sagt René Walz, Digital Business Development Manager bei Schindler. Das System soll Kleinkinder erkennen, die sich ohne Begleitperson einer Fahrtreppe nähern oder sie gar benutzen wollen. «Dann entstehen die gefährlichsten Situationen», erklärt Walz.

Sämtliche kritische Fälle werden entdeckt

Die von Siemens und Schindler entwickelte Lösung, wurde umfassend in einem Basler Shoppingcenter getestet. «Die gesammelten Erfahrungen sind sehr positiv. Der Sensor erkennt sämtliche kritische Fälle», sagt Walz. Das System basiert auf dem «3D-LiDAR»-Verfahren. LiDAR ist eine Abkürzung. Sie steht für "Light Detection and Ranging" und bedeutet auf Deutsch so viel wie Lichterkennung und Reichweitenmessung. Per ausgesendetem Lichtimpuls wird die Dauer gemessen, die das Licht benötigt, um zu einem Objekt und wieder zurückzugelangen. Mittels einzelner optischer Abstandsmessungen wird der relevante Bereich der Rolltreppe gefilmt. «Der Sensor misst nicht nur den Abstand, sondern berechnet auch die exakte Form von Objekten im Raum», erklärt Walz.

Eine speziell adaptierte Software analysiert dann mit Hilfe künstlicher Intelligenz die kritischen Zonen im Bereich vor der Rolltreppe. Dabei kann sie Kleinkinder von Einkaufswagen, Taschen oder auch Tieren unterscheiden. Die Software stellt zudem fest, ob Kleinkinder allein unterwegs sind oder sich in Begleitung von Erwachsenen befinden.

Welche Aktion leitet der Sensor ein?

Doch was geschieht, wenn der Sensor ein unbegleitetes Kind in der Nähe der Fahrtreppe feststellt? «Das ist nun die entscheidende Frage», sagt Walz. Mit dem Erkennen von Kleinkindern durch den Sensor sei das Projektziel zur Hälfte erreicht. Nun gehe es darum, herauszufinden, welche Aktion der Sensor einleiten soll, falls er eine potenziell gefährliche Situation entdeckt. Die Lösung sei nicht so einfach zu finden. Ein abruptes Anhalten der Rolltreppe ist zu gefährlich. «Das ist keine Option. Passagiere, die sich auf der Treppe befinden, würden zu Fall gebracht», erklärt Walz.

Möglich sei aber ein Aktivieren der Schleichfahrt, bei der die Fahrtreppe immer langsamer werde und schliesslich anhält. Getestet werden aber auch akustische Sprachansagen oder spezielle Blitzlichter, welche Kinder von der Fahrtreppe weglocken und die Aufsichtsperson auf die Gefahr aufmerksam machen oder eine Information an den Gebäudemanager oder das Sicherheitspersonal senden. «Sobald wir die entscheidende Frage beantwortet haben, werden wir sie ebenfalls in einem Pilot testen», sagt Walz. Danach könne das System am Markt für diverse Gebäudetypen und Anwendungsfälle eingesetzt werden und so die Sicherheit von Kindern auf Fahrtreppen massgeblich erhöhen.